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Der Widerspenstigen Zähmung

Irgendwann kommt der eine oder andere Besitzer beim Betrachten seiner Hündin auf den Gedanken: Eigentlich könnte man ja mal züchten! Die HD-Auswertung gibt grünes Licht, die Ankörung verlief erwartungsgemäß, Platz für die Welpen plus Wurfkiste wäre auch da und etwas Grün hinter dem Haus ebenfalls. Warum eigentlich nicht? Wenigstens einmal seine Hündin Mutter werden zu lassen; das wäre doch schön! Was fehlt ist der passende Rüde.

Die Läufigkeit ist nah, man lässt sich vom Zuchtleiter eine Rüdenauswahlliste schicken und beginnt mit den Prioritäten der Rüdenwahl 1, 2, 3. Die Läufigkeit verläuft normal, der Hochzeitstag wird ausgerechnet, man beginnt mit den Rüdenbesitzern 1 und 2 zu telefonieren, bei Nr. 3 ist man sich fast der Überflüssigkeit der Voranmeldung sicher, - aber – man kann ja nie wissen... Dann ist der Tag X da und man fährt mit Vorfreude und Spannung zum auserwählten Rüden Nr. 1. Leider kommt es aus den unterschiedlichsten Gründen dann doch nicht zur Hochzeit. Jetzt muss alles schnell gehen, Nr. 2 wird angerufen und hingefahren, jetzt schon mit etwas Bangen.

So eine Nr. 2 war auch unser Elliott. Spätabends bekamen wir einen besorgt – leicht irritierten Anruf von einem Erstzüchter: „Er komme gerade vom Rüden Nr. 1 und nicht erfolgter Verpaarung. Seine Hündin habe den willigen Rüden durch dessen eigenen Garten gejagt und „tot gespielt“. Als sie dann stand, war er fix und fertig und hatte keine Lust mehr. Nichts zu machen. Ob er morgen mit seiner Hündin kommen könne?“ „Ja sicher, wir sind zu Hause!“ „Ich habe nur eine Sorge, meine Hündin ist sehr dominant! Meinen Sie, er tut es trotzdem?“ Nach kurzer Überlegung antwortete ich ehrlicherweise: „Das weiß ich nicht. Bringen Sie etwas mehr Zeit mit und dann warten wir mal ab, wie die beiden miteinander klar kommen.“

Mit dem Klingeln an der Haustür am anderen Tag kam eine Turbulenz ins Haus und in den Garten, die bei weitem meine Fantasie von „Dominanz“ übertraf. Beim Öffnen der Haustür hielt ich Elliott sicherheitshalber am Halsband fest, ließ die Hündin und Besitzerehepaar eintreten, machte die Haustür zu, damit das Getobe und Getanze nicht schon auf dem Bürgersteig in Straßenähe stattfand. Dann gaben wir beide Hunde frei und ab ging es in den Garten – keifend, bellend, abwehrend. Elliott wusste gar nicht wie ihm geschah. Wie schon beim Rüden Nr. 1, so scheuchte sie auch Elliott in hohem Tempo vor sich her, kreuz und quer durch den Garten. Töpfe mit Blumen fielen um, in der Hektik fielen beide in den Teich, krabbelten wieder hinaus, weiter ging’s. Den Besitzern war es peinlich, ich war sprachlos – fasziniert. So etwas hatte ich noch nicht erlebt.

Nach ca. einer halben Stunde war Rollentausch. Sie lief vorneweg, Elliott trottete hinter ihr her. Wir tranken derweil Kaffee. Jedes Mal wenn die beiden an uns vorbeiliefen, warf Elliott mir vielsagende Blicke zu: „Man ist die stressig! Wie viel Runden denn noch? Wann bleibt die denn nun stehen?“ Er tat mir richtig leid, spürte aber doch, dass er nicht aufgab. Das Ehepaar schaute sorgenvoll zu und voller Zweifel. Als sich Elliott dann auch noch mitten auf den Rasen setzte und die Hundedame alleine ihre Runden ziehen ließ, hieß das für sie: Wieder nichts! Während sie überlegten: „Rüde Nr. 3? Nächste Läufigkeit abwarten?“ ging ich in die Küche, um noch einmal Kaffee aufzuschütten. Beim Wassereinfüllen saß Elliott noch auf dem Rasen. Beim Kaffeelöffelabzählen drang plötzlich Eurasier-Hochzeitsmusik an unser Ohr, - und niemand von uns hat die entscheidende Minute vorher mitbekommen, so schnell ging das. Kluger Elliott – er hat die Zeit für sich arbeiten lassen.

Neun Wochen später gab es Nachwuchs. Die Hündin versorgte die Welpen vorbildlich, sie gediehen prächtig. Ich der achten Woche fuhr ich noch einmal hin und nahm Elliott mit. Am Gartentor bekamen wir von Mutter Cara die Benimm- und Hausordnung gebellt. Elliott begrüßte die Welpen sehr väterlich, machte seine Runde durch den Garten, lief dann wieder zu Cara und den Welpen. Da muss ihr wohl etwas eingefallen sein, was sie bei der Hochzeit verpasst hatte, - den Hochzeitstanz. Sie stupste Elliott mit ihrer Pfote an die Schulter und schaute ihn auffordernd an. Der ließ sich nicht zweimal bitten. Es wurde so ausgelassen getanzt, dass es für uns alle eine Freude war zuzuschauen. Nur die Welpen hatten wohl Sorge um ihre Mutter! Sie bellten aufgeregt, machten Attacken und für sie ganz mutige Scheinangriffe als wollten sie ihrer Mutter zur Hilfe kommen, merkten aber dann wohl, dass ihre Mutter Spaß an der ganzen Tanzerei hatte. Sie setzten sich sprachlos auf ihre vier Buchstaben, bzw. standen angespannt mit vorgestrecktem Hals da und konnten es nicht fassen. Als es sich ausgetanzt hatte, schnupperten sie interessiert an Elliott und Mutter Cara und dann war ein Pfötchen Schlaf angesagt.

Abschließend sei noch vermerkt, dass sich das „einmal Mutter sein“ positiv auf Caras Wesen ausgewirkt hat. Sie ist bislang nicht mehr so abwehrend und krabitzig Rüden gegenüber und ist erwachsen, reifer und gelassener geworden.

- nach oben -© Erika Heumisch, 2002

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